Basel. Fatma Akin wirkt müde. Sie schlafe schlecht und
seit Kurzem sei sie auch in psychiatrischer Behandlung. Der ewige Streit
mit Scientologen in ihrem Haus gehe ihr langsam an die Substanz. Seit
über neun Jahren wohnt das Ehepaar Hüseyin und Fatma Akin in einem
sechsstöckigen Wohnhaus am Claraplatz. Das Paar werde notorisch von
nächtlichen Klingelstreichen aus dem Schlaf gerissen. Es ertappe
Scientologen im Treppenhaus dabei, wie sie ihre privaten Sachen
durchwühlen und fotografieren. Zudem werde Fatma Akin vor ihrem Haus von
den immer gleichen Scientologen belästigt. Sie würden ihr den Zugang
zum Haus verwehren oder sie verbal angehen. Die kleine Frau wisse sich
dagegen nicht zu wehren. «Ich verlasse das Haus nur noch mit Hüseyin
zusammen», sagt Fatma Akin.
Doch weshalb wird
ausgerechnet das Paar Akin vom «Poltergeist Scientology» heimgesucht?
Die Eigentümerverhältnisse des Wohnhauses geben Aufschluss: Die
Liegenschaft gehört dem Basler Scientology-Präsidenten Patrick
Schnidrig, der mehrere Liegenschaften im Raum Basel besitzt. Darunter
auch die Parzelle an der Burgfelderstrasse, wo die grösste Zentrale der
Schweizer Scientology errichtet wurde. Seit Jahren betreibt die Sekte im
ersten Stock in dem Haus am Claraplatz auch ein Büro. «Anfangs hatten
wir ein sehr nettes Verhältnis mit Patrick Schnidrig», sagt Hüseyin
Akin. Doch mit einigen grossen Umbauarbeiten im Haus und dem verstärkten
Auftreten von Scientologen im und vor dem Haus sei die Lage eskaliert.
Das
Hauptproblem der Akins mit den Sektenmitgliedern habe Anfang Jahr begonnen. «Aufgrund des Klingelterrors, haben wir eine
Überwachungskamera am Hauseingang angebracht und da die Scientologen
meine Frau bedrängten, zur Sicherheit auch eine bei der Haustüre», sagt
Hüseyin Akin. Die Kamera vor dem Haus habe Schnidrig selber bewilligt,
sie jedoch vor einigen Wochen wieder verboten.
Das
Paar vermutete zudem, dass seine Stromrechnung künstlich in die Höhe
getrieben wurde. Auf Nachfrage hätten die Industriellen Werke Basel denn
auch bestätigt, dass der Strom für die Scientology-Werbefilme im
Schaukasten vor dem Haus tatsächlich Akins berechnet worden sei.
Schnidrig korrigierte und die Kosten halbierten sich.
Ein
Fehler, der schnell behoben war, doch die Aufzeichnungen der Kameras bringen Schnidrig selbst in Erklärungsnot. Nicht als
Immobilieneigentümer, sondern als Präsident von Scientology. Denn auf
der Kamera sieht der Betrachter, wie zwei Scientologen, die sonst vor
dem Haus missionieren, mit dem Lift in den dritten Stock fahren und die
Schuhschränke des Paars durchwühlen und auch mal etwas mitgehen lassen.
Ebenfalls sieht man vor dem Hauseingang, wie ein Mitarbeiter von
Schnidrig die Briefkästen durchwühlt und sich die Post der Bewohner ansieht. Über seinen Chef lässt der Mitarbeiter mitteilen, dass er
lediglich einen Hausschlüssel holen wollte, der von
Scientology-Mitgliedern in den Briefkasten gelegt worden sei. Auf der
Überwachungskamera sieht man, dass der Mitarbeiter gleich mehrere Kästen
öffnet und deren Inhalt studiert.
Gängige Praxis
Auch
der dort angestellte Hauswart, den man auf den Überwachungsbildern dabei sieht wie er die Schränke des Ehepaars Akin durchwühlt und diese
fotografiert, ist Mitglied von Scientology. In einem E-Mail an das
Ehepaar Akin bestreitet Schnidrig zuerst, dass sein Hauswart Mitglied
der Sekte sei. Im Gespräch mit der BaZ räumt er dies jedoch ein, da man
den Herrn des Öfteren beim Missionieren am Claraplatz trifft. «Er ist
ebenfalls diplomierter Bauingenieur und schaute nach brennbarem Material
in den Kästen. Diese sind gemäss Feuerschutzgesetz unberechtigt von
Herr Akin dort angebracht worden», so Schnidirg.
Das
Ausspionieren und Denunzieren von Menschen, die gegenüber Scientology
kritisch eingestellt sind, ist eine gängige und systematische Praxis von
Scientologen. Doch einfach klein beigeben will das Ehepaar Akin nicht.
«Wir haben hier eine schöne Wohnung an günstiger Lage. Die wollen wir
nicht aufgeben. Auch nicht wegen ein paar Scientologen.» Einen Rauswurf
würde das Paar juristisch anfechten.
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